Sportlerball 2020

„Es muss in allen Bereichen auf der derzeitigen Basis weitergehen“

Stadtverband Sport: Ralf Wiedemann spricht sich ausdrücklich dagegen
aus, bei steigenden Corona-Zahlen die derzeitigen Öffnungen wieder
Schritt für Schritt zurückzunehmen.

Von Alexander Vogt (Remszeitung)

STADTVERBAND Sport. Traditionell äußert sich der Vorsitzende des
Stadtverbandes Sport im Rahmen der Gmünder Pionier- und Sportlerehrung
zur aktuellen Situation im Sport. Ralf Wiedemann thematisierte am
Samstag die Corona-Auswirkungen auf die Gmünder Sportvereine, die neue
Konzeption der Stadtsportlehrer und seine zusätzlichen Sorgenfalten
hinsichtlich der Infrastruktur im Sport in Gmünd.
Zunächst brachte Wiedemann seine Freude darüber zum Ausdruck, dass die
im Januar abgesagte Pionierehrung zusammen mit der Sportlerehrung doch
noch stattfand. „Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr es mich freut,
dass wir nach den vielen Monaten, in denen kein Treffen, kein Sport,
mehr möglich war, diese beiden Ehrungen durchführen können.“ Und das
auch noch, wie es der Vorsitzende des Stadtverbandes ausdrückte, „fast
normal“. Wie schnell das früher „Normale“ zum „Besonderen“ wird, hätten
schließlich die vergangenen 16 Monate deutlich gemacht.
Während der von der Pandemie geprägten Monate seit März 2020 habe es für
die Gmünder Sportlerinnen und Sportler nur wenige Möglichkeiten gegeben,
sich sportlich auszuzeichnen. Corona habe insbesondere den Amateursport
2020 und fast das gesamte erste Halbjahr 2021 über komplett zum Erliegen
gebracht. Deshalb war es Wiedemann ein Anliegen, seinen allergrößten
Respekt gegenüber den geehrten Sportlerinnen und Sportler auszusprechen:
„Ihr habt es geschafft, unter den vermutlich schwierigsten
Trainingsbedingungen der vergangenen Jahrzehnte trotzdem große Erfolge
zu erreichen.“ Wiedemann bedankte sich für „Euren Einsatz und den Eurer
Trainer“.
2020 sei auch ein Jahr der sehr traurigen Momente gewesen. Im November
des Vorjahres starb eine Trainer-Ikone des deutschen Turnsports. Der
Turn-Papst des TV Wetzgau. Der 1991 als Gmünder Sportpionier
ausgezeichnete Otto Baur. „Er hat den Turnsport in Gmünd geprägt wie
kein Zweiter. Ihm ist es mit zu verdanken, dass wir in Gmünd ein solch
tolles Turn-Leistungszentrum haben“, würdigte Wiedemann Baurs Verdienste.
Der Stadtverband Sport habe sich 2020 mit Themen beschäftigen müssen,
die eigentlich gar nicht auf der Agenda standen. „Corona hat auch bei
uns zu sehr wesentlichen Veränderungen geführt. Viele unserer begonnenen
Projekte mussten wir über Monate, manche sogar ganz unterbrechen.“ Die
Pandemie hatte auch Auswirkungen auf die beim Stadtverband Sport
angestellten Stadtsportlehrer. Über viele Monate hinweg musste für diese
laut Wiedemann Kurzarbeitergeld beantragt werden. Eines sei klar
geworden: „Die Arbeit des Stadtverbandes ist und wird durch Corona und
die damit verbundenen aktuellen und künftigen Veränderungen in und bei
den Vereinen nicht einfacher.“
Noch nicht abgeschlossen ist beim Stadtverband Sport die Überarbeitung
einer neuen Stadtsportlehrer-Konzeption. So eine komplexe Planung
benötige ihre Zeit. „Und Corona hat uns bei der Umsetzung auch nicht
gerade in die Karten gespielt“, stellte Wiedemann fest. Das Projekt
„Stadtsportlehrer“ wolle man jedenfalls fit für die Zukunft machen. „Wir
wollen den Ursprungsgedanken, Kinder in Bewegung zu bringen, wieder
verstärkt aufnehmen und an die sich veränderten Rahmenbedingungen
anpassen.“ Die neue Konzeption soll bis zum Jahresende fertiggestellt
werden. Weitere Informationen dazu gibt es vom Stadtverband Sport bei
der Hauptversammlung am 18. Oktober.
Überarbeitet worden sind die aktuellen Sportförderrichtlinien,
insbesondere die Jugendförderung. Mit der 2020 erstmals ausgezahlten
zusätzlichen Jugend-Förderung möchte der Stadtverband Sport Vereine, die
viel in die Jugend- und Übungsleiter-/Trainerarbeit investieren, stärker
unterstützen. Doch weil die Gmünder Sportvereine ihre 2020 begonnenen
Projekte wegen Corona nicht weiter betreiben konnten, konnten auch keine
Anträge für entsprechende Fördermaßnahmen gestellt werden. Deshalb hat
der Stadtverband Sport beschlossen, „den Vereinen, die sich an unserer
Umfrage im Februar beteiligt haben beziehungsweise die besonders stark
von Corona betroffen sind, insgesamt 13 500 Euro als Zuschuss zukommen
zu lassen.“ Das positive Feedback der Vereine dazu habe unterstrichen,
„dass das genau das richtige Signal war.“
Zu starken Einnahmeeinbrüchen führte Corona bei den Gmünder
Sportvereinen. „Die meisten Vereine konnten durch Kosteneinsparungen den
Einnahmewegfall kompensieren“, berichtete Wiedemann. Trotzdem seien aber
einige Vereine dabei, „die durch Corona in eine kritische Situation
gekommen sind“. Daher müsse abgewartet werden, wie sich die
wirtschaftliche Situation in den Vereinen entwickelt.
Deutliche Kritik übte Ralf Wiedemann an der Bundesregierung. „Bei den
Coronahilfen hat sich einmal mehr gezeigt, dass insbesondere an die
Amateurvereine seitens der Bundesregierung erst in zweiter Linie gedacht
wird.“ Viele Vereine hätten bei den Bundeshilfen anfangs keine
Unterstützung erhalten. Positiv erwähnte der Stadtverbands-Vorsitzende,
dass die Soforthilfe Sport des Landes Baden-Württemberg ausgedehnt wurde
und deshalb mehr Vereine die Möglichkeit hatten, Anträge zu stellen und
Geld zu bekommen.
Ralf Wiedemann bedankte sich bei Alexander Zorniger, Dominik Kaiser,
Carina Vogt, Kai Häfner, Andreas Hofmann und Simon Tischer. Die Gruppe
der Gmünder Profisportler erhöhte gleich zu Beginn der Corona-Pandemie
ihre jährliche Förderung zur Unterstützung der Sportvereine in
Schwäbisch Gmünd von 10 000 auf 20 000 Euro. „Das war großartig, was Ihr
da gemacht habt“, sagte Wiedemann. Von zusätzlichen Sorgenfalten sprach
er im Zusammenhang mit der Infrastruktur im Bereich Sport in Gmünd. Und
Corona verschärfe die Situation eher noch. „Viele der geplanten Objekte,
wie der neue Kunstrasenplatz im Laichle, zusammen mit dem neuen
Sportvereinszentrum des TSB Gmünd, liegen auf Eis. Aber insbesondere der
Kunstrasenplatz ist nach dem Wegfall des Sportplatzes in der Buchstraße
unabdingbar“, stellte Ralf Wiedemann klar.
Grundsätzlich werde der Sanierungsstau bei vielen in die Jahre
gekommenen Sportanlagen und Sporthallen immer größer. Wiedemann
forderte: „Wenn schon keine Neubauten realisierbar sind, muss wenigstens
die Substanz erhalten bleiben.“ Vereine hätten ihm und dem Stadtverband
Sport gegenüber die infrastrukturellen Probleme geschildert und die
sportliche Infrastruktur in Gmünd bemängelt.
Weshalb Wiedemann seine Vision von einem Sportpark auf der grünen Wiese
wieder ins Spiel brachte: „Die bleibt daher trotz den geänderten
Bedingungen bestehen. Ich bin der Meinung, dass sich die Stadt, der
Stadtverband und die betroffenenen Vereine dazu unbedingt einmal zu
einem Interessensaustausch zusammensetzen sollten.“ Vielleicht sei ja
gerade jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen, um dieses Projekt zu
realisieren.
Zusammen mit der Stadt Schwäbisch Gmünd, bei der sich Wiedemann für die
sehr gute Zusammenarbeit – auch in diesen schwierigen Zeiten – bedankte,
habe man immer gemeinsam versucht, die Corona-Verordnungen so
umzusetzen, „dass wir daraus noch den größtmöglichen Nutzen für den
Sport in Schwäbisch Gmünd ziehen konnten. Aber ich bin ehrlich:
Zufriedenstellend waren die Ergebnisse meist weder für mich, geschweige
denn für die betroffenen Vereine.“
Im Hinblick auf die zukünftige Zielsetzung und Vorgehensweise in Sachen
Corona-Politik richtete Ralf Wiedemann einen eindringlichen Appell in
Richtung der Landes- und Bundesregierung: „Selbst wenn die Corona-Fälle
zunehmen und die Inzidenzwerte wieder steigen, darf eines auf keinen
Fall passieren: Dass mit den steigenden Zahlen die derzeitigen Öffnungen
wieder Schritt für Schritt zurückgenommen werden. Das gilt nicht nur für
den Sport, sondern für alle Bereiche. Und ganz besonders für die Bildung
unserer Kinder.“
Nur die Inzidenz dürfe nicht das allein entscheidende Kriterium sein, um
die Corona-Situation zu beurteilen. Es müssten zwingend weitere
Kriterien berücksichtigt werden. „Beispielsweise die Anzahl der
Coronapatienten, die schwerere Krankheitsverläufe haben und ins
Krankenhaus müssen beziehungsweise intensiv versorgt werden müssen.
Weiter ist auch die Entwicklung der Impfquote im Land zu berücksichtigen.“
Wiedemann hat einen Wunsch: „Es muss in allen Bereichen, und da ich für
den Sport spreche, ganz besonders im Sport, auf der derzeitigen Basis
weitergehen. Sport ist immens wichtig für Kinder, Jugendliche,
Erwachsene und Senioren – für die Gesellschaft insgesamt.“ Deshalb müsse
gemeinsam alles dafür getan werden, „dass wir auch in Zukunft, auch mit
Corona, weiter Sport treiben können.“

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